In vielen Bauprojekten gibt es einen Moment der Ernüchterung: Türen sind falsch dimensioniert, Verkabelungen fehlen, Schnittstellen wurden übersehen. Doch warum passiert das immer wieder? Und wie lassen sich diese Probleme vermeiden? Sebastian Ott, Objektberater und Experte für ganzheitliche Türlösungen bei ASSA ABLOY, kennt die Antworten.
Herr Ott, wann treten Schnittstellenprobleme rund um Türen besonders häufig auf?
Immer dann, wenn Projekte komplexer werden – und das ist heute fast die Regel. Besonders im Neubau und in sicherheitskritischen oder stark frequentierten Gebäuden gibt es kaum noch „einfache“ Türen. Türlösungen müssen vielfältige Anforderungen erfüllen und dabei reibungslos zusammenspielen – von der Barrierefreiheit über den Brandschutz bis hin zur Fluchtwegsteuerung.
Und obwohl Türen oft nur einen kleinen Teil der Projektkosten ausmachen, stecken hier die meisten Bauch- und Kopfschmerzen. Deshalb begleiten wir Bauvorhaben häufig schon in sehr frühen Leistungsphasen.
Welche Akteure müssen bei der Türplanung zusammenarbeiten?
Im Idealfall arbeiten die vier Gruppen eng zusammen:
- Architekten, die festlegen, welche Tür wo benötigt wird und welche Funktionen sie erfüllen muss.
- Elektroplaner, die definieren, welche elektrischen Komponenten notwendig sind, z. B. für Zutrittskontrolle oder Fluchtwegtechnik.
- Türbauer, die die mechanische Ausführung verantworten – inklusive Schlossansteuerung.
- Errichter bzw. Integratoren, die am Ende alles funktionsfähig zusammenbringen.
Letztere werden oft zu spät eingebunden – nicht zuletzt, weil entsprechende Leistungen gar nicht ausgeschrieben werden oder weil eine koordinierende Instanz fehlt.
Warum wird der Errichter oft erst so spät eingebunden?
Weil die entsprechenden Leistungen gar nicht oder nur sehr vage ausgeschrieben werden. Bei der hohen Sicherheitsanforderungen wie bei den Kritischen Infrastrukturen erfolgen Ausschreibungen oft nicht öffentlich – oder nur in Teilen.
Dabei sind es genau hier die besonders anspruchsvollen Schnittstellen: Zutrittskontrolle, Einbruchmeldeanlage, Videoüberwachung – all das muss im Zusammenspiel funktionieren. Theoretisch wären Sicherheitsfachplaner: oder Schnittstellenkoordinatoren gefragt, um genau diese Verzahnung zu planen. Doch häufig gibt es niemanden, der offiziell beauftragt wurde, diese übergreifende Kommunikation zu übernehmen.
Zwar existieren für einzelne Türen oft sogenannte Funktionsbeschreibungen – aber wer koordiniert, dass diese auch über alle Gewerke hinweg sinnvoll zusammengeführt werden?
Gerade wenn Architekten nur in der Entwurfsphase tätig sind und lediglich die Visualisierung übernehmen, bleiben Schnittstellenfragen oft ungeklärt. Spätestens in der Ausführungsplanung wird es dann kritisch – vor allem, wenn unterschiedliche Fachplaner beteiligt sind und keine saubere Übergabe stattfindet. Das Risiko für Lücken, Missverständnisse und Planungsfehler ist enorm.
Wer ist im Normalfall für die Funktionsbeschreibung einer Tür zuständig?
In der Regel erstellt der Architekt die Funktionsbeschreibung – also eine klare Definition, was die jeweilige Tür leisten muss. Diese Anforderungen fließen dann in die Türenliste ein, die Teil der Planungsunterlagen wird.
Spannend wird es bei den Zuständigkeiten in den verschiedenen Leistungsphasen: In Leistungsphase 3 sieht die HOAI vor, dass Architekten die Koordination der beteiligten Fachplaner übernehmen – allerdings primär auf konzeptioneller Ebene. In Leistungsphase 5 kommt zwar auch die Integration dieser Fachplanungen hinzu, doch auch hier geht es nicht um die technische Detailkoordination.
Und der Elektroplaner? Der bringt in den Leistungsphasen 3 bis 5 lediglich seine Grundleistungen ein – also ebenfalls keine übergreifende Abstimmung. Eine systematische Abstimmung zwischen Türsystem, Zutrittskontrolle, Brandmeldetechnik und Co. ist also formal gar nicht vorgesehen.
Das Ergebnis: Genau an den kritischen Schnittstellen fehlt es an klarer Verantwortung. Und damit steigt das Risiko für spätere Reibungsverluste erheblich.
Woran liegt es, dass die Koordination so oft scheitert?
Die HOAI sieht diese Schnittstellenabstimmung nicht explizit vor. Architekten und TGA-Planer schieben sich oft gegenseitig die Verantwortung zu. Die Elektroplanung enthält zwar Koordinationsleistungen, aber keine übergreifende Abstimmung von Türsystemen, Zutrittskontrolle und Brandmeldetechnik. Das Ergebnis: fehlende Zuständigkeit und unklare Kommunikation.
Und wie wird das dann in der Praxis gelöst?
Das lösen wir als Objektberater: wir bringen alle Beteiligten frühzeitig ins Gespräch. Wenn zum Beispiel feststeht, dass eine Tür mit Rettungswegtechnik ausgestattet werden soll, sprechen wir dies bereits in der Konzeptphase mit den Fachplanern an. Je genauer das im Vorfeld definiert ist, umso besser ist die Ausschreibung und die Übergabe ans TGA-Gewerk. Mit dieser klaren Abstimmung gibt es auf der Baustelle keine unangenehmen Überraschungen.
Was passiert, wenn diese Koordination fehlt?
Dann stehen am Ende aus einem Schloss Kabel heraus – aber niemand weiß, wo sie angeschlossen werden sollen. Das kann vorkommen, wenn es nicht richtig koordiniert ist.
Gerade bei öffentlichen Bauprojekten entsteht oft zusätzliche Unsicherheit: Wer wird letztlich den Auftrag für den Türbau erhalten? Welche Produkte kommen konkret zum Einsatz – welches Schloss, welche Technik?
In Deutschland ist die Ausschreibung im öffentlichen Bereich grundsätzlich nicht produktspezifisch. Es dürfen lediglich die funktionalen Anforderungen und Eigenschaften der Tür beschrieben werden. Welche konkreten Komponenten am Ende verbaut werden, bleibt lange offen.
Genau an dieser Stelle setzen wir als Objektberater an: Sobald klar ist, welches Unternehmen den Auftrag erhalten hat, nehmen wir Kontakt auf und stimmen uns eng mit dem Türbauer ab. So stellen wir sicher, dass beispielsweise Rettungswegtechnik von ASSA ABLOY korrekt berücksichtigt wird – ohne zusätzlichen Abstimmungsaufwand auf Seiten des Türbauers. Die Planung wird einfacher, reibungsloser und effizienter.
Wie sähe der ideale Ablauf aus Ihrer Sicht aus?
Perfekt wäre ein Prozess, bei dem alle Beteiligten – von Architekten über TGA- und Elektroplaner bis hin zu Türbauer und Errichter – frühzeitig eingebunden werden. Wir haben dazu eine Checkliste entwickelt, der alle Schritte übersichtlich darstellt.
Außerdem unterstützen wir bei Ausschreibungstexten und bei der Schnittstellenkoordination – kostenfrei. Das erleichtert nicht nur die Planung, sondern vermeidet auch spätere Konflikte.
Klar, die Planung lässt sich auch ohne Objektberater stemmen. Doch mit unserer Unterstützung läuft’s deutlich entspannter – ohne unnötige Schleifen, Missverständnisse oder Bauchschmerzen.
Wenn wir frühzeitig eingebunden werden, begleiten wir den gesamten Prozess: von der Idee über die Planung bis zur Umsetzung. Und zwar im Schulterschluss mit allen Beteiligten – Architekt, TGA-Planer, Metallbauer, Schreiner, Errichter und Systemintegrator.
Dieser enge Austausch ist der Schlüssel: Wenn alle früh ins Gespräch kommen, ist auch sichergestellt, dass am Ende alles so zusammenpasst, wie es gedacht war – funktional, technisch und organisatorisch.


