Wie entwickelt sich der Markt für digitale Zutrittskontrollen? Welche Trends zeichnen sich im Bereich smarte Zutrittskontrollen ab? Und was wünschen sich Anwender von einer benutzerfreundlichen Schließanlage? Diese und weitere Fragen werden im Rahmen des Wireless Access Control Reports (WAC-Report) regelmäßig unter weltweit 400 Sicherheits-, Gebäudemanagement- und IT-Experten analysiert. Die spannenden Ergebnisse geben nicht nur über die aktuelle Nutzung von Zutrittskontrollen Auskunft, sondern erlauben auch einen Blick auf zukünftige Entwicklungen. Im Interview ordnet Miriem Hammoudi, Business Development Managerin Industry bei der ASSA ABLOY Sicherheitstechnik GmbH die gewonnen Erkenntnisse des Reports von 2023 ein.
Welchen Hintergrund hat die Marktanalyse zum Thema Zutrittskontrollen von ASSA ABLOY?
Miriem Hammoudi: Für uns als Unternehmen ist es wichtig, unseren Kunden im Bereich Sicherheit einen großen Mehrwert und Know-how-Vorsprung zu bieten, daher pflegen wir im Alltag einen offenen Austausch mit ihnen. Es ist wichtig zu erfahren, welche Lösungen gut ankommen aber auch, was für Verbesserungspotentiale die Kunden gegebenenfalls sehen. Dennoch erlaubt uns eine Studie wie der WAC-Report, indem wir auf internationaler Basis mehrere hundert Sicherheits-, Gebäudemanagement- und IT-Experten befragen, die jeden Tag mit elektronischen Schließanlagen oder digitalen Zutrittskontrollen arbeiten, einen noch fokussierteren Blick auf den Markt. Umgekehrt spiegeln uns auch viele der interviewten Teilnehmer, dass sie es gut finden, durch die regelmäßige Erhebung ein Forum zu haben, indem sie ihre Meinungen und Erfahrungen als Anwender teilen können.
Im aktuellen WAC-Report von 2023 fiel auf, dass sich Unternehmen zunehmend für den Komfort von Schließanlagen interessieren. Wie kann man das verstehen?
Miriem Hammoudi: Den Begriff Komfort oder komfortabel kann man gleichsetzen mit „benutzerfreundlich“. Natürlich muss eine Sicherheitstechnologie heutzutage innovativ und hochmodern sein. Aber Verantwortliche sehen diese Eigenschaften mittlerweile als selbstverständlich an. In der aktuellen Trendanalyse des WAC-Reports 2023 sehen wir jetzt, dass sich zusätzlich der Bedarf verstärkt, diese Technologien auch sehr flexibel und einfach bedienen zu können. Die beste Lösung bringt nichts, wenn sie zu kompliziert ist und Anwender sie daher zögerlich einsetzen oder nur einen Bruchteil ihrer Möglichkeiten ausschöpfen. In diesem Kontext geht die Entwicklung weg von reinen und mitunter starren mechanischen Sicherheitslösungen hin zu elektronischen Schließanlagen oder digitalen Zutrittskontrollen, die nutzerfreundlich und leicht zu verwalten sind.
Ein Trend, der sich in der Umfrage ebenfalls abzeichnet ist, dass Berechtigungsnachweise, beispielsweise in Form von Smartphones, vermehrt zur Identifizierung bei digitalen Zugangskontrollen eingesetzt werden. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Miriem Hammoudi: Die Nutzung von Handys als Berechtigungsnachweis für digitale Zugangskontrollen ist aus meiner Sicht ein zweischneidiges Schwert. Ein Vorteil ist, dass die meisten Nutzer in der Regel sehr umsichtig mit ihrem Smartphone umgehen. Außerdem ermöglicht es eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, beispielsweise über Gesichtserkennung oder Fingerprint, was das Sicherheitsniveau noch einmal hebt. Allerdings habe ich Bedenken, wenn Nutzer, zum Beispiel Arbeitnehmer, ihr privates Smartphone verwenden müssen, um Zutritt in die Gebäude des Arbeitsgebers zu erhalten. Denn persönliche Smartphones bergen eine Vielzahl von Sicherheitsrisiken, auf welche die IT-Verantwortlichen eines Unternehmens keinen Einfluss nehmen können. Außerdem haben heutzutage zwar viele Menschen ihr Handy stets dabei, aufgrund der häufigen Nutzung ist es aber nicht permanent aufgeladen, so dass in so einem Fall eine smarte Zutrittskontrolle nicht genutzt werden könnte. Auch den Einsatz in hygienisch sensiblen Branchen sehe ich persönlich kritisch – etwa in der Lebensmittelproduktion oder im Gesundheitswesen. Bevor Unternehmen flächendeckend Smartphones als digitale Zutrittskontrolle einsetzen wollen, sollten sie die Vor- und Nachteile gut gegeneinander abwägen und auch die Aspekte eines privaten versus eines Firmenhandys noch einmal separat betrachten.
Eine weitere Erkenntnis, die gewonnen wurde, ist, dass sich Kunden smarte Zutrittskontrollen wünschen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Miriem Hammoudi: Unter einer smarten Zutrittskontrolle verstehen wir unter anderem ein System, dass mehrere Herausforderungen auf einmal löst. So wird zum Beispiel der gleichzeitige physische Schutz der Gebäudeinfrastruktur und der sensiblen Unternehmensdaten, bzw. der IT immer wichtiger – nicht zuletzt durch sich verstärkende strengere Gesetzgebung. Vor diesem Hintergrund hat sich ASSA ABLOY schon früh auf Gesamtsicherheitsaspekte spezialisiert, die alle Belange der Gebäude- und IT-Sicherheit miteinander vernetzen. Unsere Kunden profitieren außerdem davon, dass wir bereits seit einiger Zeit ein Informationssicherheits-Managementsystem nach DIN EN ISO 27001:12017 einsetzen. Durch diesen weltweit anerkannten Standard ist gewährleistet, dass wir schon während der Entwicklung eines Produktes an die Informationssicherheit denken und nach modernsten Sicherheitsstandards produzieren. Unsere Produktlösungen im Bereich digitale oder smarte Zutrittskontrolle helfen den Kunden teilweise auch, selbst branchenspezifische Zertifizierungen zu erreichen, wie zum Beispiel den in der Automobilindustrie elementaren TISAX-Standard oder IFS-Standard für die lebensmittelherstellende Industrie. Hier werden oftmals leistungsfähige Zutrittskontrollsysteme in den Kriterien gefordert.
Welches Potential haben smarte Zutrittskontrollen noch?
Miriem Hammoudi: Digitale Systeme regeln nicht nur einfach den Ein- und Austritt von Personen in ein Gebäude, sondern können oft noch viel mehr. Hintergrund ist die zunehmende Vernetzung und Interoperabilität von verschiedenen (Gebäude)-Systemen, die sich stetig weiterentwickelt. Smarte Zutrittskontrollen werden dabei eine noch zentralere Rolle einnehmen. Denn aufgrund der Möglichkeit, Daten zu erheben und zu analysieren, können intelligente Systeme diese auch nutzten. Beispielsweise um festzustellen, welche Räume zu welchem Zeitpunkt beheizt werden müssen, wo gerade Licht benötigt wird oder welcher Arbeitsplatz in einer Produktion hochgefahren werden muss. Das tangiert neben smarter Zutrittskontrolle, auch schon größere Dimensionen im Sinne von „Smart Factory“ oder „Future Factory“.
Beim Thema Zukunft kommt einem sofort auch das Thema Nachhaltigkeit in den Sinn. Leisten Zutrittskontrollen einen Impact in Bezug auf Umweltfreundlichkeit?
Miriem Hammoudi: ASSA ABLOY entwickelt drahtlose digitale Zutrittskontrollen. Diese verbrauchen in der Regel deutlich weniger Strom, weniger Material und Einzelbauteile als vergleichbare kabelgebundene Systeme. Das bedeutet gleichzeitig auch weniger Wartungsarbeiten, also Technikerstunden und -besuche. Wenn darüber hinaus ein Smartphone als Identmittel eingesetzt wird, werden in der Regel keine Schlüssel, Karten oder Chips benötigt. Das sorgt nicht nur für weniger Abfall, sondern reduziert auch die Materialkosten erheblich.
Kunden und Interessenten, die den ganzen WAC-Report lesen möchten, können diesen gerne runterladen: